banner

Blog

Jan 15, 2024

Welche Radiowellen stören den magnetischen Sinn?

Forscher grenzen Frequenzbereich ein

Universität Oldenburg

Während Radiowellen, die von Rundfunk- und Fernsehsendern sowie CB-Funk ausgesendet werden, den magnetischen Kompass von Zugvögeln stören können, ist dies bei den in Mobilfunknetzen verwendeten Radiowellen nicht der Fall, da die Frequenzen zu hoch sind, um ihren Orientierungssinn zu beeinträchtigen. Dies ist das zentrale Ergebnis einer neuen Studie, die in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) von einem Forscherteam unter der Leitung von Professor Dr. Henrik Mouritsen von der Universität Oldenburg und Professor Dr. Peter Hore von der Universität Oxford veröffentlicht wurde (VEREINIGTES KÖNIGREICH).

Dieser Befund bestätigt auch die Theorie der Forscher, dass der magnetische Kompasssinn dieser Vögel auf einem quantenmechanischen Effekt (bekannt als Radikalpaarmechanismus) in ihren Augen basiert. Für diese Studie kombinierte das Team Verhaltensexperimente mit komplexen quantenmechanischen Berechnungen auf einem Supercomputer.

Mouritsen, Hore und Kollegen hatten bereits 2014 nachgewiesen, dass Elektrosmog (vom Menschen verursachter elektromagnetischer Lärm) im AM-Radiowellenbereich, wie er beispielsweise von elektrischen Haushaltsgeräten erzeugt wird, die Fähigkeit von Zugvögeln beeinträchtigt, das Erdmagnetfeld zur Orientierung zu nutzen (sog Magnetorezeption).

Sie gehen davon aus, dass dieser schwache, für Menschen ungefährliche Elektrosmog die komplexen quantenphysikalischen Prozesse in bestimmten Zellen der Netzhaut von Zugvögeln beeinflusst, die ihnen die Navigation mithilfe des relativ schwachen Erdmagnetfelds ermöglichen. Doch ob Elektrosmog auch frei fliegende Vögel wie Fernzugvögel betrifft, deren Zahl aus unbekannten Gründen seit einiger Zeit zurückgeht, bleibt unklar.

Ein lichtempfindliches Protein namens Cryptochrom

In der aktuellen Studie untersuchten die Forscher den Zusammenhang zwischen dem quantenmechanischen Mechanismus, der ihrer Meinung nach die Grundlage für den Magnetsinn der Vögel bildet, und der Störung dieses Mechanismus durch Radiowellen. Ihr Ziel war es, weitere Hinweise auf die Funktionsweise des magnetischen Kompasssinns zu finden und so eine Grundlage für weitere Untersuchungen zu störenden Auswirkungen auf das Zugverhalten der Vögel zu schaffen. Im Mittelpunkt ihres Interesses stand die Grenzfrequenz, oberhalb derer die Navigation von Zugvögeln unbeeinträchtigt bleibt, da die Bestimmung dieses Wertes Rückschlüsse auf die Eigenschaften des eigentlichen Magnetsensors der Vögel zulässt. Ihrer Theorie zufolge handelt es sich bei diesem Sensor um ein lichtempfindliches Protein namens Cryptochrom 4, das über die notwendigen magnetischen Eigenschaften verfügt.

Die ursprüngliche theoretische Vorhersage der Wissenschaftler war, dass die Grenzfrequenz irgendwo zwischen 120 und 220 Megahertz im VHF-Bereich (Very High Frequency) liegen würde. Deshalb führte das Team Verhaltensexperimente mit Mönchsgrasmücken durch, wobei es verschiedene Frequenzbänder innerhalb dieses Bereichs verwendete. In einer 2022 veröffentlichten Studie hatten die Forscher bereits nachgewiesen, dass Radiowellen einer Frequenz zwischen 75 und 85 Megahertz den magnetischen Kompasssinn dieser kleinen Singvögel stören. Diese Experimente zeigten, dass ihr Magnetkompass nicht mehr funktionierte, wenn sie diesen Radiofrequenzen ausgesetzt waren, aber ohne Exposition ordnungsgemäß funktionierte. Mönchsgrasmücken sind Lang- und Mittelstreckenzieher, die auf ihrer jährlichen Wanderung weite Strecken zurücklegen können

Hochfrequente Radiowellen hatten keinen Einfluss auf den Kompasssinn

In der aktuellen Studie führte ein Team um Mouritsen und Hore sowie die beiden Hauptautoren – der Biologe Bo Leberecht und der Chemiker Siu Ying Wong, beide von der Universität Oldenburg – Experimente mit Frequenzen zwischen 140 und 150 Megahertz und zwischen 235 und 245 Megahertz durch Megahertz. Sie fanden heraus, dass die Radiowellen in diesen beiden Frequenzbändern den magnetischen Kompasssinn der Vögel nicht beeinträchtigten – was die theoretischen Vorhersagen der Wissenschaftler bestätigte.

Außerdem führten die Forscher Modellrechnungen durch, in denen sie die quantenmechanischen Prozesse im Inneren des Cryptochrom-Proteins simulierten. Auf Basis dieser Berechnungen konnten sie die Grenzfrequenz noch weiter eingrenzen, auf 116 Megahertz. Den Simulationen zufolge hätten Radiowellen oberhalb dieser Frequenz nur einen schwachen Einfluss auf die magnetische Orientierung der Vögel. Diese Vorhersage wurde durch die Ergebnisse der Experimente bestätigt. „Unsere Experimente liefern zusammen mit detaillierten theoretischen Vorhersagen starke Beweise dafür, dass der Kompass-Magnetorezeptor bei Zugvögeln auf einem flavinhaltigen Radikalpaar basiert und nicht auf einem völlig anderen Rezeptortyp, beispielsweise einem, der auf magnetischen Nanopartikeln basiert“, erklärt Mouritsen.

Mobilfunknetze beeinträchtigen den Magnetsinn der Vögel nicht

Ein besseres Verständnis der Magnetorezeption ist wichtig, um den Schutz von Zugvögeln zu verbessern. Es kann Aufschluss über wichtige Fragen geben, beispielsweise darüber, welche Art von elektromagnetischer Strahlung Vögel vom Kurs abbringt und daher in Gebieten wie Naturschutzgebieten vermieden werden sollte, in denen Zugvögel Rast machen. Mouritsen betont, dass die bei Radio- und Fernsehübertragungen oder CB-Funk eingesetzten Radiowellen zwar eine entscheidende Rolle bei der Störung der Magnetorezeption spielen, Mobilfunknetze jedoch den Magnetsinn der Vögel nicht beeinträchtigen: „Die hier verwendeten Frequenzen liegen alle über dem relevanten Schwellenwert.“

Diese Forschung ist ein Ergebnis des Sonderforschungsbereichs (SFB) „Magnetorezeption und Navigation bei Wirbeltieren: von der Biophysik bis zum Gehirn und Verhalten“, dessen Sprecher Mouritsen ist. Das internationale Team des CRC umfasst Forscher aus einem breiten Spektrum von Disziplinen, darunter Neurobiologie, Quantenphysik, Biochemie, Computermodellierung und Verhaltensbiologie. Neben der Universität Oldenburg sind auch das Institut für Vogelwarte Helgoland (IfV) in Wilhelmshaven, die Freie Universität Berlin, die Ruhr-Universität Bochum und das Weizmann Institute of Science in Rehovot (Israel) am SFB beteiligt. Drei Forscher der Universität Oxford (UK) sind als Mercator Fellows dem CRC angeschlossen.

Verfahren der Nationalen Akademie der Wissenschaften

10.1073/pnas.2301153120

Experimentelle Studie

Tiere

Obergrenze für Störungen der magnetischen Kompassorientierung durch Breitband-Hochfrequenzfelder bei nachtwandernden Singvögeln

3. Juli 2023

Die Autoren erklären kein konkurrierendes Interesse.

Haftungsausschluss: AAAS und EurekAlert! sind nicht verantwortlich für die Richtigkeit der auf EurekAlert veröffentlichten Pressemitteilungen! durch beitragende Institutionen oder für die Nutzung jeglicher Informationen über das EurekAlert-System.

Ein lichtempfindliches Protein namens CryptochromHochfrequente Radiowellen hatten keinen Einfluss auf den KompasssinnMobilfunknetze beeinträchtigen den Magnetsinn der Vögel nichtHaftungsausschluss:
AKTIE